Pressestimmen 2006

Pressestimmen 2006

Rock-Fans in Partylaune versetzt

Von Nonsens bis zu bitterböser Gesellschaftskritik: Bands beim Rengsdorfer Festival liefern tolle Show ab – Publikum in Rage

Rockfestival 2006Zwei Festivaltage, die es in sich hatten. Anhänger von blueslastiger Musik kamen in Rengsdorf ebenso auf ihre Kosten wie die Fans von knallhartem Metal. Mit leicht abgewandeltem Konzept gelang es den Veranstaltern, den Rockfreunden Rengsdorf, vor allem am Samstag die Jugend zu mobilisieren.

RENGSDORF. Während es am Freitag mit „Eat A Peach“ noch in filigrane Rock-Blues-Gitarrengefilde ging, dominierten am Samstag beim Rengsdorfer Festival laute Metal-Töne, wobei „J.B.O.“ mit ihrer Verbindung von fröhlichem Schabernack und bitterböser Gesellschaftskritik den Vogel abschoss.

Ganz wie ihre großen Vorbilder praktiziert „Eat A Peach“ ein erregendes Wechselspiel zwischen Lead- und Rhythmusgitarre. In der Allman-Brothers-Eigenkomposition „In Memory of Elisabeth Reed“ von 1970 lassen die Sechssaitenmänner die Töne schweben, ein „Southern“- Gefühl von Leichtigkeit stellt sich ein. Leise singen die Stahlsaiten.

Tief in den erdigen Zwölftakter greift die Coverband beim Robert-Johnson-Klassiker „Crossroads“, stilmäßig zwischen Eric Clapton und J.J. Cale angesiedelt. Robben Fords fantastisches „Talk to Your Daughter“ gleicht fast dem Original, wenn auch die lässig-souveräne Spielweise des US-Meistergitarristen nicht ganz erreicht wird.

Am Samstag steigt das Westerwälder Duo von „Phenomena“ als erste in den „Metall“-Ring. Andy Muß bearbeitet heftig die Trommeln, während der singende Gitarrist Marco Schulte seinem Instrument mal düster-psychedelische, mal leicht funkige Töne entlockt. Stonerrock der sehr harten Art meistens. Neben den beiden Neustädtern ersetzt die Puppe „Godot“ den vom Band eingespielten Bassisten.

Noch mächtiger dröhnt es aus den Boxen, als die Drei von den „Bastards“ loslegen. Nur die Hardcore-Freunde der „Motörhead“-Mucke versammeln sich direkt vor der Bühne und werfen ihre lange Haaren vor- und rückwärts. „Ace of Spades“ ist noch die beste Vorstellung der Tributeband.

Für Spaß, Klatschen, Mitsingen und Tanzen sorgt dann „J.B.O.“ Die Partyband weiß nicht nur die eingefleischten und an ihren auffälligen T-Shirts zu erkennenden Fans zu begeistern. Die Show ist so unterhaltsam wie anzüglich. Die Franken, die häufiger mit Gerichten zu tun haben, spielen die wahren „Verteidiger des Blödsinns“. Sie scheuen sich nicht, bekanntes Liedgut und ihre Interpreten durch den Kakao zu ziehen.

Verbotenes und Anstößiges sind die Spezialität des Quartetts um die Gitarristen Hannes und Vito. Da wird der Gassenhauer „Guantanamera“ in „Guantánamo“ umgetauft, ein Seitenhieb auf Buschs Gefangenlager-Politik, da zelebrieren „J.B.O.“ messenähnliches mit Weihrauch und Floskeln wie „Rock sei mit Euch“, da amüsiert sich „Bolle“ ganz köstlich im Punkrockgewand, da wird das Heinz-Rühmann-Lied „Ein guter Freund“ in einer metallenen Version persifliert, da bemüht ein gekrönter Hannes Rio Reisers „König von Deutschland“ und da tauschen die Komödianten den „Griechischen Wein“ der Marke Udo Jürgens in „Fränkisches Bier“ um. Herrlich. Und das Jugend bewegte Lied „Danke… für den tollen Sex“ bleibt dem Herrgott auch nicht erspart. Das Volk singt mit, tobt und lässt es sich gut gehen.

Michael Schaust

 

Rock für die Jugend und die Stammgäste

 Rengsdorfer Festival bietet interessante Mischung – Tickets sichern

Das 26. Rock- und Bluesfestival in Rengsdorf trägt die Handschrift der Jugend. Die Organisatoren um den neuen Vorsitzenden der Rockfreunde, den 21-jährigen Tim Anhäuser, haben in diesem Jahr ihr Hauptaugenmerk auf das Programm fürs junge Publikum gelegt – ohne dabei ihre vertrauten Stammgäste aus den Augen zu verlieren.

RENGSDORF. Tim Anhäuser ist mit dem Rengsdorfer Rock- und Bluesfestival groß geworden. Wenn der Vater im Sommer mit den Rockfreunden die Bühne auf dem Waldfestplatz aufstellte, war der Sohn stets dabei.

Die diesjährige Veranstaltung am Freitag, 28. Juli, und am Samstag, 29. Juli, hat für den 21-Jährigen eine ganz besondere Bedeutung: Es ist das erste Rockfestival, das die Rockfreunde unter seiner Führung organisieren. Seit 2006 hat er das Amt des Vorsitzenden inne. Sein Vorgänger Rolf Boden, 52 Jahre alt, steht ihm als Stellvertreter beratend zur Seite.

Boden spricht von einem „Generationswechsel“ im Verein. Etwa ein Drittel der mehr als 50 Mitglieder sei 20 bis 25 Jahre alt. „Und es gibt noch Jüngere, 16- bis 18-Jährige, die unbedingt nachrücken wollen.“ Im Kreis derer, die die Organisatoren um Tim Anhäuser und Rolf Boden unterstützen, stellt die Jugend die größere Gruppe. „Was auch daran liegen mag, dass viele Ältere zurzeit noch keinen Urlaub haben“, schränkt Anhäuser ein.

Dass sich der Nachwuchs des Vereins besonders ins Zeug legt, spiegelt sich auch im Programm des Festivals nieder: Diesmal ist der Samstag auf das jüngere Publikum abgestimmt. Als Top-Act tritt die Fun-Metal-Formation „J.B.O.“ auf. „Eine Band, von der man ausgehen kann, dass sie viele junge Leute auf den Waldfestplatz zieht“, erklärt Anhäuser.

Die „Bastards“ covern Stücke von Motörhead, und mit „Phenomena“ stehen Nachwuchs-Künstler aus dem Westerwald auf der Bühne. Heimischen, jungen Musikern eine Plattform zu bieten, das soll auch in Zukunft Teil des Rockfestivals sein.

Was nicht bedeutet, dass die „Väter-Generation“ der Rockfreunde nun die Hände in den Schoß legt. Im Gegenteil: „Die Älteren unterstützen uns tatkräftig“, betont der 21-Jährige. Um Bands für eine solche Veranstaltung zu buchen, brauche es Erfahrung – die beispielsweise Rolf Boden gerne zur Verfügung stelle. „Er kennt die Agenturen, kommt an größere Namen ran“, sagt Anhäuser.

Auch das Stammpublikum, das den Rengsdorfern seit den ersten Jahren die Treue hält, soll heute und in Zukunft auf seine Kosten kommen, verspricht er. Die Musik von „Lake“, „Blues Caravan“ oder „Eat a Peach“, die am Freitag auf der Waldbühne stehen, trifft nämlich auch den Geschmack der jungen Rockfreunde. Colette Brosig

Einlass zum Festival ist am kommenden Freitag, 28. Juli, um 19 Uhr, am Samstag, 29. Juli, bereits um 18 Uhr. Karten gibt es im Vorverkauf (Freitag: 15 Euro, Samstag: 13 Euro) beim Ticket Store Neuwied, bei der ED Tankstelle Rengsdorf oder im Internet unter www.rockfreunde.de. Tickets an der Abendkasse kosten 18 (Freitag) beziehungsweise 15 Euro. Außerdem ist eine Kombi-Karte zum Preis von 25 (Vorverkauf) oder 28 Euro (Abendkasse) zu haben.

 

Rengsdorf rockte zwei Tage lang beim Festival

 Festival in Rengsdorf: Musik von jungen und alten Könnern ihres Faches

Zwei Tage Festival Rengsdorf, zwei Tage unterschiedliche Musik: Der erste Tag war eine Reise in die blues-rockige Vergangenheit, aber „Lake“ und Co. zeigten sich frisch, trotz des nicht berauschenden Zuhörerzuspruchs.

Ganz anders der zweite Tag, aber mit weniger anspruchsvoller Tonkunst: Da feierten viele, vornehmliche junge Leute, eine laute Metal-Fete. So brachte „J.B.O“ nicht nur die Fans zum Tanzen.Der Freitag bringt die Überraschung und das Highlight des Festivals. Fast auf Augenhöhe mit großen alten Männer des Blues sind die drei jungen Griffbrettartisten, die als „Blues Caravan“ seit geraumer Zeit für Furore sorgen. Die Truppe besticht nicht nur durch großartiges Zusammenspiel im Set, auch die drei Künstler sind für sich alleine das Eintrittsgeld wert.

Ian Parker besitzt mit seinen 29 Jahren eine soulige Rauheit, die dem Blues stets gut tut. Mal liefert er Balladenhaftes („By Your Side“), dann zelebriert er Gospelpower in der Mischung aus Alvin Lee, Captain Beefheart und Howlin“ Wolf, um in „Feeling Whole Again“ am Mikro zu fehlen und seine Fender heulen zu lassen.

Der Vergleich mit Bonnie Ryatt ist bei Erja Lyytinen nicht zu hoch gegriffen. Die kleine Finnin ist ganz groß mit Stimme, Bottleneck und Gitarre. Ihre Bo Diddley-Riffs rühren uralten Rock ’n‘ Roll auf, mit einer Prise Psychedelik. In „Dust my Broom“ gibt sie gar den weiblichen, weißen Elmore James.

Hartrockend kommt Aynsley Lister daher. Mal Boogie, gemischt aus ZZ Top und Led Zeppelin, mal Stevie Ray Vaughan-Anleihen („Runnin“ Out on Me“) und natürlich Hendrix-Rocker, alles in bester Tenor-Shouter-Tradition. Die Mississippi-Jam lässt dann alle Stärken und Unterschiede zu einem prima Miteinander verschmelzen. Modern, aber mit starker Wurzelanbindung. Im groovigen „Blues Caravan“-Song rappt Erja sogar gekonnt. Blues in fast allen seinen Schattierungen haben die „Youngster“ auf Lager. So bleibt die „Baumpflücker“- Musik ewig jung.

Auch wenn sie fast alle weit über die 50 sind, die fünf gestandenen Burschen von „Lake“ warten mit Spielwitz und -lust sowie Können auf. Selbst die neuen Stücke kommen gut. In „Here We Go Again“ mit Doobie-Brothers-Reminiszensen und Jazzeinschlag überzeugen nicht nur Alex Contis famose E-Klampfentechnik und die Vokalartistik. Auch Tastenmann Adrian Askew mischt mit schönen Hammond-Einlagen kräftig mit. Der Falsett-Gesang von Schotten-Shouter Mike Starrs und seinen Mannen sorgt spätabends bei schon leicht kühlen Temperaturen für den typischen Sommerrocksound à la Steely Dan oder Little River Band.

Die Klassiker dürfen ebenfalls nicht fehlen. Herrlich entspannt gospelt es in „Jesus Came Down“. Der Hit „On the Run“, hat nichts von seiner Leichtigkeit verloren. Die 2006-Version der „See“-Leute ist sogar ein Stück fetziger als 1976. Dafür sorgt nicht zuletzt die präzise Rhythmus-Gang um Bassist und „Jungspund“ Michael Becker (44) und Drummer Mickie Stickdorn.

Auch weit nach Mitternacht streichelt und strapaziert Conti seine Gibson mit einer Hingabe, ganz so als wolle er und die anderen „Laker“ bis in den frühen Morgen weitermachen. Für den treibenden Beat gibt es schließlich den verdienten Applaus.

Michael Schaust