Pressestimmen 2005

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Musiker ließen es in Rengsdorf trotz Regens krachen

25. Rockfestival wurde am Freitag nur kurz vom Gewitter unterbrochen – Exzellente Konzerte von Doldinger bis Chapman

Rockfestival 2005RENGSDORF. Die Wettervorhersage machte den Rengsdorfer Rockfreunden wenig Freude: Am Freitagabend sollte es wie aus Kübeln gießen, warnten die Meteorologen. Und gegen 21.30 Uhr brausten prompt orkanartige Böen durch den Westerwald.

Dem 25. Rock- und Bluesfestival drohte nach nur einem Auftritt, dem von „Albie Donnellys Supercharge“, der Abbruch. Die Rockfreunde und ihre Helfer brachten die Instrumente in Sicherheit, die Anlagen wurden trotz heftiger Windböen wasserdicht gemacht. Das Publikum, weniger zahlreich erschienen als noch 2004, flüchtete in die Unterstände. Doch nach einer Viertelstunde war der Spuk vorbei.

Etwas verspätet betraten dann Saxophonist Klaus Doldinger und seine Band die Bühne auf dem Waldfestplatz. Gewohnt entspannt tauchte der 69-jährigen Allroundmusiker mit „Passport“ in brasilianische Gefilde ein. „Samba Cinema“: Latin-Beats pur. Druckvoll, weitaus schneller als die „Passport“-LP-Version von 1972, kam „The Cat From Katmandu“ daher. Düster und dem nassen Wetter angepasst präsentierte die Combo ein seltenes Live-Vergnügen: Mit der Titelmusik von „Das Boot“ ging es in die Meerestiefen. Keyboarder Roberto di Goia setzte sparsam Soundeffekte ein, Gitarrist Martin Scales glänzte mit Twang-Riffs.

Doldinger ist auch ein ausgezeichneter und erfolgreicher Filmkomponist, Uwe Ochsenknecht ein ebenso erstklassiger Schauspieler. Dass der Mime auch singen kann, bewies er in Rengsdorf. Stilechten Soul präsentierte er mit Sängerkollegin Cheri bei Marvin Gayes „What’s Going On“; ebenso sicher die Reggae-Nummer „No Woman No Cry“. Für die Frauen im Publikum gab Ochsenknecht schließlich den gefühlvollen Sänger – mit „Only One Woman“, einem Schmachtfetzen der Marbles, 1970 ein Hit. Eine nette Einlage im“Passport“-Programm, das mit einer dynamisch-perkussiven „Tatort“-Melodie, temporeich mit ein paar Dissonanzen garniert, und viel Applaus zu Ende ging.

Tosenden Beifall gab es auch für die leiseste, aber eine der besten Darbietungen auf dem Waldfestplatz. Gregor Hilden, Blues-Gewächs aus dem Münsterland, verfügte ebenso über den leicht psychedelischen Gitarrenzauber eines frühen Peter Green wie über die erotische Saitenbeziehung eines B.B. King. Er verstand es, den Rockblues nicht herunterzuknüppeln, obwohl er mit einer schneidigen E-Klampfe auftrat.

Die gleiche Klasse wie hilden besitzt auch Johnny Rogers. Bei „Help Me Baby“ gab der Prediger der schwarzen Kirchenmusik den herzzereißenden Vokalisten. Dass er auch den Überschwang zelebrieren kann, bewies er mit „A Man’s World“. Und an schwierige Klassiker wie „Papa Was A Rolling Stone“ wagte sich Hildens exzellente Band auch. Mit Erfolg: Auf rockigem, weniger funkigen instrumentalem Untergrund gab Rogers dem Ganzen eine wunderbare soulige Würze.

Nicht weniger großartig war die Vorstellung von Roger Chapman am Samstagabend. Mit seinen prima aufspielenden „Shortlists“ zeigte der Ex-Family-Frontmann eine schweißtreibende Show. Da schrie sich das Rock-Urgestein bei „Who Pulles The Night Down“ die Seele aus der Lunge, assistiert von einem ebenso hemmungslos kreischenden Saxophon. Wie gerne Roger Chapman musikalisch rabenschwarz wäre, davon zeugte das Bob Dylan-Cover „Nobody Sings The Blues Like Blind Willie McTell“. „Chappo“ hat immer noch den Blues, auch wenn sein Vibrato nicht mehr so ausgeprägt ist wie früher. Auch Country war kein Problem für den Briten. Steve Simpson bediente virtuos die Fidel, während der Meister darüber philosophierte, was passiert, wenn sich Jesus und der Teufel treffen. Und was war mit dem „Schatten an der Wand“? Auch den gab Chapman an seinem begeisterten Publikum.

Michael Schaust (01.08.2005, Rhein-Zeitung)

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Supercharge“ machten süchtig

Albie Donnellys Rythm’n’Blues-Band brillierte auf dem Rengsdorfer Rockfestival – Laute Töne von „Riff Raff“ und Bad Erection“

„Albie Donnelly’s Supercharge“ fegen normalerweise mit gnadenlosen Hammond-Klängen auf fetzigen Bläsern über die Bühne. Beim 25. Rengsdorfer Rock- und Blues-Festival mussten sie aber ohne die berechtige Zugabe vor Regen und Sturm das Trockene suchen. Mehr Glück in punkto Wetter hatten „Bad Erection“ und „Riff Raff“, die Samstag für lauten musikalischen Donner sorgten.

RENGSDORF. Es fing so gut an am Freitag. Gleich die erste Band des 25. Rengsdorfer Rockfestivals „Albie Donnelly’s Supercharge“ , legte sich voll ins Zeug. Ihr Auftritt machte süchtig nach mehr. Doch die Zugabe buchstäblich ins Wasser – die Musiker mussten wegen des stürmischen Wetters die Bühne räumen.

Verdient hätte sich die Formation einen längeren Auftritt allemal. So spielten sie „Gangster Of Love“, Johnny Guitar Watsons ersten funkfreien Hit aus den 50er Jahren, mit viel Power. Bei „Blue Monday“ schalteten sie einen Gang zurück – ein typischer Slow-Rock’n’Roll der Marke Fats Domino. Ob Mambo-Sounds, Zirkusmelodien aus New Orleans oder urbaner Chicago-Blues – der glatzköpfige Rauschebart Donnelly zaunerte stets den passenden Sound aus dem Saxophon. Und Funk hat der Brite ebenfalls im Blut.

Dem großen wie allerdings wenig bekannten Rythm’n’Blues-Pionier Louis Jordan seelenverwandt, entlockte Donnelly dem Saxophon saubere Swingtöne, aber auch dreckige Rock’n’Roll-Klänge. Als der „Choo-Choo-Ch‘ Boogie“ ins Rollen kam, gab es für die Zuhörer kein Halten mehr. Aus „Supercharge“ ragt Posaunist Mike Rafalczyk heraus. Besonders mit der Harp versteht er es umzugehen – Sonny Terry lässt grüßen.

Nur kurze, leichte Regentropfen bekam das Publikum am Samstag bei der Fahrt in die Hölle ab. Die Berliner AC/DC-Epigonen von „Riff Raff“ gaben den Zuhörern gehörig was auf die Ohren. Sie imitierten Angus Youngs und Bon Scotts pubertierendes Bühnengehabe eins zu eins.

Da rannte Ricky mit seiner E-Klampfe wie ein Derwisch herum, schlug die Beine immer wieder hoch und zeigte dem Publikum sein nacktes Hinterteil. Scott-Vertreter Steve machte die Leute an, packte schließlich den Lead-Gitaristen der Band Huckepack und stürmte mit ihm durch die Zuhörerreihen. Die Fans waren aus dem Häuschen, andere nahmen die Einlage – mit gehörigem Abstand zu den dröhnenden Boxen – eher mit Humor.

Nicht ganz so laut präsentiert sich die junge Westerwälder Nachwuchsband „Bad Erection“. Iorn Maiden-Begeisterte kamen bei ihrer Darbietung voll auf ihre Kosten. So stand etwa auf dem T-Shirt eines Bewunderers zu lesen: „Metal will never die“. Was Neil Young wohl dazu sagen würde?

Michael Schaust

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