Pressestimmen 2000

Pressestimmen 2000

27.09.2000
Rhein-Zeitung

Solange es solche Momente gibt . . .

Rockfestival 2000Rock und Blues in Rengsdorf: Regen störte das Festival, aber nicht die tolle Stimmung auf dem Waldfestplatz. Zum 20. Mal fand am Wochenende das Rengsdorfer Rock- und Blues-festival statt. Mit dabei: Stars wie der deutsche Jazzer Klaus Doldinger und Walter Trout aus den USA.

Von Bastian Pollmann

RENGSDORF. Klaus Doldinger sitzt hinter der Bühne vor einem Teller Gemüsesuppe. Der Auftritt ist vorüber, Doldinger löffelt die Suppe, Ruhe hat er keine. Adrenalin statt Blut strömt durch seine Adern, „ich kann nicht einfach so abschalten nach einem Konzert“, bekennt er. Heute ist der Musiker besonders aufgekratzt: Nicht mal zu einem ausgiebigen Essen war Zeit geblieben, erst die Zugfahrt, dann Interviews, Soundcheck auf dem Rengsdorfer Waldplatz, wenig später das Konzert.
Aber jetzt. Jetzt geht es ihm gut. Das sieht man. Und er sagt es auch. „Tolles Publikum“, lobt Doldinger überschwänglich. Er liebe es, live zu spielen. Wenn dann Leute da sind, die mitgehen, und man selbst Spaß hat, „dann muss das abheben“, lacht er: „ist quasi ein Naturgesetz.“ Ja, es waren Klaus Doldinger und seine Band „Passport“, die da am Samstagabend beim Rengsdorfer Rock- und Bluesfestival aufgetreten sind. D e r Klaus Doldinger, Saxophonist, Jazzer, Komponist. Rolf Boden von den „Rockfreunden Rengsdorf“ muss noch immer schmunzeln, wenn er sich an die vielen Anrufer erinnert, die nicht glauben wollten, dass wirklich ein so bekannter Musiker in Rengsdorf auftritt. Bei 20 Mark Eintritt.

Und Doldinger war ja doldinger-320x240nicht der einzige Star des Festivals. Kurz nach sieben Uhr hatten „Angela Brown“ und „Christian Rannenberg featuring Mellow Yellow and the Boogaloo Kings“ das Festival – das zwanzigste – eröffnet. Angela Brown – wer sie bei ihrem dritten Gig in Rengsdorf noch immer nicht kannte, jetzt vergisst er ihren Namen gewiss nie wieder. Die Lady mit der schwarzen Stimme spricht sogar Deutsch: „Believe me, ich bin a little stolz auf my Deutsch“, röhrt sie. Und zur Orgel gewandt, wo Christian Rannenberg sitzt: „I’d like to sing in F: The key of love.“ Was nun folgt ist: Blues. Blues, der in die Beine fährt, in die Finger, ins Hirn – wenn Angela Brown ihn singt, auch in die Lenden. „Ooooh yeah, man!“

Voll ist der Festplatz nicht, eher mäßig besucht. Noch prasselt Regen herab. „Wenn es nur irgendwann heute Abend trocken wird“, haben Rolf Boden und sein Kollege Uli Seuser kurz zuvor noch mit sorgenvollem Blick nach oben gebangt. Bis dahin rockt man eben unterm Regenschirm. So wie zum Beispiel Familie Grün aus Düsseldorf. Zu viert teilen sie sich zwei Schirme, diese und die Campingstühle weisen sie als erfahrene Bluesfans aus. Auch die dreijährige Lorena und ihr einjähriger Bruder Gerom sind begeistert, als die Musik beginnt.

angelabrownEs ist fast acht Uhr, als Boden grinsend verkündet, er habe ein gutes Gefühl. Tatsächlich: Kurz vor ihrem Untergang, bricht sich die Sonne noch einmal Bahn, es regnet nicht mehr. Angela Brown und ihre Band feiern den Wetterwechsel leidenschaftlich, die Besucher nicht weniger.

Bei Doldinger und „Passport“ hat das Publikum – gut tausend Leute sind gekommen – den Regen schon vergessen. Die Menge vor der Bühne dampft. Etwa dreißig „Rockfreunde“ sind heute Abend beim Festival im Einsatz. Doch für einen Moment lehnen sich alle entspannt von der Arbeit zurück und genießen Musik und „feeling“. „Nicht schlimm, wenn wir heute Verlust machen“, sagt einer – „ist doch auch so ein prima Geburtstagsständchen.“

Als Klaus Doldinger schon hinter der Bühne die Gemüsesuppe löffelt, beginnt vorne der dritte Akt: „Walter Trout and the free Radicals“ aus den USA. Trout ist Blues. Mit jedem Gramm seines Körpers. Schon die Pausen zwischen zwei Songs sind ihm zu lang, unablässig fingert er an seiner Gitarre herum, schuftet und schwitzt und zerschneidet mit seinen Soli die Luft, den Atem seiner Fans, die sich ganz dicht heran drängen und sehen wollen, alles sehen wollen, weil sie ihren Ohren nicht trauen.Solche Momente sind es, für die Uli Seuser, Rolf Boden und die übrigen Rengsdorfer „Rockfreunde“ monatelang arbeiten. Solange es solche Momente gibt, solange wird es auch das Festival geben. Mag sein, dass es eines der letzten seiner Art ist. „Doch wir sind längst nicht auf dem Weg zum Elefantenfriedhof“, verkündet Uli Seuser zuversichtlich.